DIE MEHRFACHEN BLICKE

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von Amalia Caputo.

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Cerj Lalonde ist ein Künstler, einer den man zweifellos als ungewöhnlich bezeichnen kann. Er geht gleichmäβig von der Leinwand zur Kamera, von Computern zu Installationen und dabei bringt er hervor und stellt zur Schau ausserordentlich reich und komplexe Kunstwerke, die er in den letzten zwanzig Jahren geschaffen hat.  Sein Ziel ist es, direkt und jedenfalls eine andere Art von Kommunikation mit dem Zuschauer zu verfolgen.

Man könnte sagen, dass Lalonde als Team mit sich gleichzeitig zusammenarbeitet, um nicht nur seine Künste weiterzuentwickeln, sondern um seine persönliche Einstellungen zu zeitgenössischer Kultur, Trends, Kritik und noch wichtiger, als Kritik der zum System der Art gehörenden Meritokratie, zu schärfen. Lalonde investiert viel Zeit, Energie und Gedanken in seine neue Medien und Technologie Produktivstruktur, wo er  sich direkt mit seinen Fragen, vor allem im Hinblick auf die Welt der Künste auseinandersetzen kann.

Seine Gemälde, Installationen, Fotos und Web-Seiten sind dafür gedacht,  jedes auf seine Art und Weise funktionieren zu lassen, als eine offene Revision und Kritik des zeitgenössischen Kunstsystems, während sie einen parallelen Dialog zwischen dem Künstler, der Öffentlichkeit und den amtlichen Werten herstellen.

Lalonde, der Maler.

Cerj Lalonde malt seine Gemälde mit einer konzeptuellen Einstellung als wäre es ein Versuch, die Gültigkeit der Malerei als eine Handlungsweise per se, neuzuformulieren. Seine abstrakte Sprache reicht von lyrisch und abstraktionistische Stücke bis hin zu persönlichen Interpretationen von Meisterwerken der Kunstgeschichte, als besondere Einflüsse auf geometrisch abstrakte Malereien wie die schwarze Serie von Malevich oder die Studie der Farbe von Albers u.a.

Lalonde ist ein vielseitiger Künstler.Seine mehrjährige Erfahrung als Maler und sein Verlangen nach Kunstgeschichte und Kritik haben ihm dazu verholfen, ein bewusst gebildeter Künstler zu werden. Formell reicht sein Ausführungsgebiet von Zeichnen, Drücken bis hin zu hauptsächlich Acrylmalerei mittels einer enorm stark gegensätzlichen Palette. Aber mehr als irgendeine Art des Formalismus ist das Werk Lalondes eine starke Aussage über das Malen an sich und wie er der Abstraktion in konzeptueller Hinsicht begegnet. Seine Gemälde zelebrieren die Macht und die Bedeutung der Farbe und der Struktur, die imperative Stimme von Kontrast und Schärfe und die Millionen Lösungsmöglichkeiten für eine weisse Leinwand. In seiner künstlerischen Arbeit sehe ich auch eine psychoanalytische Interpretation von Kunst, und einen durchweg kurios unbeabsichtigten Ansatz an die orientalische Philosophie kommt in seinen mehrdimensionalen Kunstwerke vor.

In vielen von seinen Gemälden wurde die Präsenz des Vierecks als ein Element der Balance und Einheit zu der Seele des eigentlichen Kunstwerks integriert. Lalonde ist besonders interessiert an den Eigenschaften der Malerei als ein Medium. “Was die Malerei und nur die Malerei schaffen kann“. Von allen Künste ist die Malerei vielleicht die meist vertraute und persönlichste der Kunstsprachen. Sie erreicht die Zuschauer in der letzten Phase, sei es in der Galerie, im Museum oder in einem Ausstellungsraum.

In der Zwischenzeit gibt es eine Zeitspanne zwischen dem Moment, wo der Künstler sein Werk fertigstellt und wann es gezeigt wird. Dieser Zeitabstand heisst die Stille. Man könnte sagen, dass der Abstand zwischen dem Malen und seinem Weg aus dem Studio hat Lalonde über andere Strategien nachdenken lassen, wie man dem Zuschauer und dem Kritiker begegnet und die Kunstwelt als System angreift.

Neue Medien und Technologie

Im Rahmen seiner Internetbedingten Arbeit, könnte die Verwendung der Sprache als die erste bemerkenswerte

Hinzufügung, festgestellt werden, wo der stille Schrei, der aus seinen Gemälden herauskommt, den Bildschirm überschwemmt und sich in Worte verwandelt. Man kann den imperativen Drang nach Kommunikation spüren.Lalonde spricht Jeden und Niemanden an und ein bestimmter/unbestimmter Dialog wird zwischen ihm und dem anonymen Zuschauer/Websurfer/Stöberer/Browser festgestellt, der es liest.

Lalonde hat mehrere Websites geschaffen (www.myartbaselmiami.com/www.cravegalerie.com/ usw.). Durch dieses Medium hat er einen physischen aber auch nichtphysischen Raum übernommen, um seine Einstellungen  zum Sehen, Schauen, und Berauschtwerden von dem Blick, der Sicht, von der kognitiven Sicht des subjecktiven Ichs, auszudrücken. Ein anderer interessanter Aspekt ist die Einfügung seiner Bilder als Künstler auf verschiedene Art und Weise.  Im SELBSTPORTRÄT ALS EIN BERÜHMTER KÜNSTLER zum Beispiel, stellt er sich in allen erztypischen Kleidungen der romantisierten Vertretung des Künstlers dar. Lalonde hat all seine Ironie und Sarkasmus in Bilder verwandelt, die als Pinselstriche auf seinen Web-Seiten erscheinen. Ein anderes Bild, das häufig erscheint, ist das niedliche Gesicht einer sehr jungen Frau, die den Browser mit Liebenswürdigkeit und Nostalgie anschaut.. Genauso wie Web-Seiten in Schichten erstellt werden, so hat Lalonde auch Schichten von Eindrücken, Gedanken und Reflektionen gebaut  mittels der Vielfalt der  Bilder, die  von seinen eigenen Gemälden, Installationen und Porträts, bis hin zum Text reichen, erscheinen.

Er interessiert sich für das, was die Kunst definiert, wer das Kunstwerk bestätigt und wie eng der Erfolg des Künstlers mit den Medien und der Kritikabhängigkeit zusammenhängt. Lalonde macht aufmerksam auf die Probleme, so laut wie ein stiller Schrei. Ausdrücke wie zum Beispiel  Die Dominanz der amtlichen IdeologieGlobale monokulturelle Art des Diskurses oder Die Hegemonie der global kuratorischen Klasse sind Beispiele von Titeln, die Teile  von seinen Web visuellen Diskurses umrahmen.

In seinen Installationen und Darstellungen wie zum Beispiel DER NO SHOW und ARBEITEN UM REICH ZU WERDEN und BERÜHMT DAMIT DU MICH EWIG LIEB HAST, spricht Lalonde über die Vorstellung des Ichs und der Identität, dem Künstler als eine gesellschaftliche Figur, die scharfe Kritik an dem zeitgenössischen Kunstsystems und die Gesellschaft ganz allgemein. Er bezweifelt die Gültigkeit und die Ideologie des kuratorischen Etablissements, die Marketingansätze und die Fragen des Ichs, während er das konventionelle Musterbeispiel des Künstlers in Frage stellt.

Auf seinen Web-Seiten verwandelt sich Lalonde von einem anonymen Maler in seinem Studio, zu einer öffentlichen Persönlichkeit. Sein Blick ist auf den Zuschauer gerichtet, sein Mund schreit und fragt den Browser ständig, manchmal als ein Aussenstehender und manchmal von der hypothetischen Stimme des Gewissens des Zuschauers.

In SEHEN, eine fotografische Installation, die als ein Meilenstein in seinem Werk betrachtet werden kann, stellt er ein dunkles Zimmer dar, das viele unterschiedlich grosse Augen hat, die den Zuschauer anschauen. Ein interessanter Aspekt von Lalondes digitalem Werk ist die Präsenz von einer andauernden Reflektion, die nicht nur das Sehen selbst zeigt, sondern auf einer tiefgründigen Art und Weise, das Unterbewusstsein des Zuschauers darstellt. Er dreht seine Rolle als Künstler um und stellt einen Dialog mit dem Bewusstsein des Zuschauers her, sowohl durch seine Montage als auch durch sein digitales Werk. Er spricht direkt aus der Anonymität des Internets ins Unterbewusstsein des Zuschauers mit Ausdrücken wie HALLO! WO BIST DU? oder ICH MÖCHTE DICH GERNE KENNENLERNEN. Lalonde suggeriert einen Dialog der Liebe und Nähe mit dem anonymen Zuschauer. Er schreit nach Aufmerksamkeit, er stellt Fragen, und verlangt, dass kurze Reflektionen von der Person auf der anderen Seite des Computers schweigsam beantwortet werden, und dabei stellt er eine Metapher für die Vorstellung von der Vielfältigkeit des Ichs. Vor allem aber stellt der Autor fest, dass die Kommunikation als eine Kunst immer subjektiv ist.

Nicht zuletzt sollten wir kurz den Werken von Lalonde auf öffentlichen Plätzen, in den Strassen von den Kunstbereichen Miamis, hauptsächlich Wynwood and Design Stadtviertel, Anerkennung schenken. Lalonde hat die Plätze vor der Galerie übernommen, Gehwege und Wände mit der Graffiti ://eye_luv-you:)), die Auge Installation WER SCHAUT WEN AN und das FREI Zeichen.

Diese „Strasseneingriffe“ sind ein mutiger Versuch das Bewusstsein des Fussgängers für einen vorübergehenden Moment der Reflektion zu verdammen. Durch diese Strategie schaltet er den Zustand des Menschen in die Schaffung des Menschen ein und leitet einen logischen Diskurs ein; der Mensch schafft Kunst, der Mensch sieht Kunst, also die Kunst siehst uns und die Kunst ist menschlich.  Warum schafft er sie? An wen ist sie gerichtet? Die mögliche Antwort darauf ist an uns oder an ihn. Cerj Lalonde hat ein Riesenplatz der Stille, der den Künstler  von dem Zuschauer des Kunstwerkes historisch isoliert hat, fraglos eingefangen. So still wie ein Gemälde sein kann, ist es so laut wie sein digitales Werk und „Eingriffe“ auf öffentlichen Plätzen.

Es wäre nicht gerecht, all diese unterschiedliche Facetten als Künstler zu trennen, als würden wir von verschiedenen Personen reden. Der ganze Rahmen der Arbeit Lalondes ist durch formelle Elemente verbunden, die in jedem

Medium, das er benutzt, vorkommen. Das Viereck zum Beispiel ist sowohl ein wichtiges Bild als auch ein silhouettiertes Auge, das in Gemälden, Installationen, Grafiken und überall auf seinen Web-Seiten vorkommt.  Lalonde benutzt formell gewisse Elemente als eine persönliche und besondere Sprache, die dem Kunstwerk, welches  er geschaffen hat, eine zusätzliche Bedeutung gibt.

Dieser Künstler interessiert sich für die Vorstellung, dem Zuschauer Botschaften aus dem Unterbewusstsein auf eine psychoanalytisher Art und Weise zu übermitteln, sei es in seinen Gemälden oder mittels direkter Ausdrücke, die er loslässt beim Browsen durch seine Web-Seiten. Erwartet er Antworte von uns? Ist er verärgert? Spricht er mit uns? Schaut er mich an? Spricht er wirklich mit mir? Kann er mich sehen? Dieses sind Fragen, die, sobald wir uns mit seinen Arbeiten konfrontiert sehen, entstehen.

Wie bereits erwähnt, zeigt Lalonde die Stille und die Selbstbeobachtung. Auβerdem besteht seine Arbeit aus einer grossen Vielfalt an Formen und Medien und sie hat eine starke und wirksam aesthetische Forschung auf zahlreiche Fragen der Kunst, ihre Schätzung, ihre Strömung, ihre Verbreitung und Vorstellungen, sowie die Nicht Kommunikation, die heutzutage nicht nur in der Kunstwelt sondern auch im Allgemeinen herrscht,  klar erkennen lassen. Er will ein Unterschied sowie eine Aussage an die zeitgenössischer Starrheit machen. Allen Gegensätzen zum Trotz will er bestimmt verstanden, angeschaut und gehört werden.

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Der Verfasser

Amalia Caputo ist eine Beitragende zu den Herausgaben Extracamara MagazineCaracas and Arte Al Dia International, Miami,  Sie wurde in Caracas, Venezuela gebören. Sie besitzt ein Diplom in Kunst und Kunstgeschichte von der Universidad Central de Venezuela, wo sie 1988 ihr Studium  absolvierte und mit Auszeichnung abschlieβ. 1995 erlangte sie ein Magister der Philosophie in Kunst in der Fotografie von der New York University und die International Center of Photography. Ihre Arbeit wurde schon in Museen und Galerien in Caracas, Barcelona, Mexico City, New York and Miami ausgestellt. Sie lebt und arbeitet in Miami, Florida.

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